Der Himmel muss warten…

„Ich ruf‘ es nach oben, der Himmel soll warten
Denn ich hab‘ noch was vor, der Himmel muss warten
Wenn alles vorbei ist, nimm mir den Atem
Doch noch bleib‘ ich hier, der Himmel soll warten
Ich ruf‘ es nach oben, der Himmel soll warten
Denn ich hab‘ noch was vor, der Himmel muss warten“

Ich habe gehadert, ob ich diesen Beitrag posten will, denn eigentlich will ich die furchtbare Woche einfach nur vergessen, aber es ist ja hier ein wenig unser Tagebuch. Ich lese gelegentlich gern in alten Beiträgen und erinnere mich dann an diese Momente. Und deshalb möchte ich auch diesen Beitrag posten, um ihn irgendwann zu lesen und daran zu denken, dass Taxi einfach ein riesengroßer Kämpfer ist.

Begonnen hat alles in der Nacht von Donnerstag auf Freitag (08.02. – 09.02.): Durchfall, Erbrechen. Selten für Taxi, aber nichts, was uns Sorgen bereitete. Im Laufe des Freitag Vormittag ging es ihm zusehends schlechter. Nichts blieb mehr drin. Selbst das Wasser kam ohne Würgen wieder raus. Er erbrach und hatte Durchfall im Minutentakt und baute körperlich innerhalb weniger Stunden enorm ab. Ich fuhr zum Mittag zum Tierarzt, hatte eigentlich geplant zu warten, bis 16 Uhr unserer öffnet, aber es ging ihm zu schlecht, als dass ich weiter warten wollte und zu allem Überfluss hatte André auch noch Spätschicht.
Also fuhr ich das erste Mal in eine neue Praxis, wo ich mich sofort wohl fühlte und merkte, dass man sich ebenfalls Sorgen um unseren blauen Hund machte. Er war apathisch, lag in dem Praxisraum, sabbernd, schmatzend. Sie gaben ihm Medikamente gegen die Übelkeit, gegen den Durchfall. Es ging ihm besser. 2 Stunden lang.

Liam und ich waren im Wohnzimmer, wir aßen, die Hunde waren deswegen im Flur. Unsere Wohnzimmertür hat Fenster drin. Ich konnte die Hunde sehen. Taxi lag die ganze Zeit vor der Tür. Wahrscheinlich war es ein kurzer Moment, wo ich nicht gesehen hatte, dass er aufgestanden war. Liam ging in die Küche und schrie plötzlich „iiiiih“. Ich sah, dass er in der Küche stand und seinen Fuß hoch hielt. Okay, er war irgendwo rein getreten. Ich lief ebenfalls zur Küche und erstarrte im Flur zur Salzsäule. Der halbe Flur war voller Blut. Es war so irre viel Blut. Ich wusste erst nicht, was ich machen sollte. Panik. Angst. Taxi lag an der Haustür. Ich rief sofort in der Praxis vom Morgen an, die sagte, dass ich dringend in die Klinik fahren soll und ob ich mir sicher sei, dass es erbrochen wäre und kein Durchfall. Neben mir stand Taxi auf, öffnete sein Maul und es floss unendlich viel Blut aus seiner Schnauze. Ich fing an zu weinen, weil ich dachte, das war’s jetzt…
Ich rief meine Mutter an. Ich war immerhin mit Liam und den Hunden allein und ich hatte so irre Angst um meinen blauen Hund. Erst wenige Tage vorher hatte ich mit Eva über Tumore gesprochen; über meine Angst, dass ihm das selbe Schicksal ereilt wie so vielen Hunden in unserem Bekanntenkreis. Und nun dachte ich, dass genau das eintreten würde. Patrick lieh sich das Auto von meiner Schwester Bea, denn zu allem Überfluss hatte er seines verkauft und das neue kam erst am Montag; mein Dad war im Urlaub. André auf Arbeit, nicht zu erreichen.
Wohin mit Liam? Ich schrieb unserer Nachbarin Robina, die ohne Nachfragen sofort Liam zu sich nahm. Ich wischte halbherzig das Blut weg, schnappte mir die Hunde, musste Taxi tragen, er war so schlapp und raste los.
Die Bahnschranke war unten. Kennt ihr das, wenn sich dann alles gegen euch verschwört? Bahnschranke unten, Ampeln rot, langsame Autos… ich hatte solche Panik und wollte einfach nur in die Tierklinik… und ich dachte, er würde im Auto sterben…
Irgendwann kamen wir an, Patrick kurz nach mir. Es dauerte nur kurz, als wir reingerufen wurden. Er bekam stärkere Mittel. Die Ärztin sagte, er wäre ja noch sehr mobil. Patrick lachte auf und sagte, sie würde ihn nicht kennen. Taxi war nur ein Schatten seinerselbst. Ich wollte einen Ultraschall, sie riet mir ab, sagte, es wäre nur ein Magen-Darm-Infekt. Sie war nett, wollte nicht, dass ich den Notfallaufschlag bezahlen muss, dennoch fuhr ich mit einem unguten Gefühl nach Hause. Versuchte ihm Zuhause Moro-Suppe zu geben. Er wollte nichts. Nahm einfach gar nichts zu sich, auch kein Wasser.
Ich holte Liam zu uns, Patrick blieb, bis André kam. Taxi lag nur rum. Wollte dann nochmal raus. Weiterhin Durchfall.

Die Nacht wachte ich oft auf, schaute nach ihm. Er schlief. Wir hatten Samstag Jahreshauptversammlung. Ich wollte sie nicht absagen. Ich nahm Taxi mit ins Vereinsheim und legte ihn dort in eine Box. Er lag die ganze Zeit. Jeder durfte an ihm vorbei, ob Mensch oder Hund. Er war so furchtbar ruhig, reagierte nicht. Er lag nur da und schaute. Nahm kein Futter, kein Wasser, nicht mal seine geliebte Wurst… draußen lief er, als wäre er steinalt. Sabberte, wirkte abwesend. Und meine Angst war auf dem Höhepunkt.
Ich hatte Angst, er würde das Wochenende nicht überleben…

Sonntag dann die Hoffnung. Er ging ihm ein kleines Bisschen besser. Ein paar Stunden dachte ich, dass er wieder fit werden würde. Er trank das erste Mal und fraß ein wenig.
Montag war es schwankend. Drinnen eindeutig besser drauf, draußen immer noch wie steinalt, langsam, schleichend, lief nur Pass, schaute mich ständig an, hatte dolles Bauchweh, Durchfall.
André hatte von Montag zu Dienstag Nachtschicht. Ich wurde wach, weil Taxi wieder mehrfach erbrach. Wieder kroch die Angst in meine Knochen. Wieso hatte ich keinen Ultraschall machen lassen? Was, wenn irgendetwas in ihm nicht in Ordnung war, dann wäre es jetzt zu spät…

Dienstag Morgen wieder Durchfall wie verrückt. Wieder sabbern, wieder Schmerzen. Mittags fuhr ich erneut in die Tierklinik. Aleks stand mir bei. Der Gedanke, eine schlechte Nachricht zu bekommen und allein zu sein…
Er wurde auf den Kopf gestellt. Kotprobe, Ultraschall, noch mal Blutbild. Alles ohne Befund. Zum Glück?! Ich war etwas ernüchtert, denn es ging ihm schlecht und niemand wusste, wieso. Er bekam stärkere Medikamente. Alle hatten ihn schon gern gewonnen. Die Praxis vom Freitag Vormittag rief mich am Sonntag sogar an und fragte nach ihm. Sie müssten die ganze Zeit an ihn denken. Unser blauer Hund. <3

Dienstag kam dann auch Annelie. Er freute sich, aber war immer noch nicht er selbst. Und dann kam es über Nacht. Mittwoch Morgen stand er das erste Mal ohne diesen gequälten Ausdruck auf, kam das erste Mal mit mir wieder im normalen Tempo Gassi und konnte das erste Mal wieder richtig nervig sein.

Tag für Tag besserte sich nun sein Zustand. Kein Durchfall mehr, keine Schwäche, keine Schmerzen. Laut ist er wieder, wie eh und je. Selbst das hatte mir gefehlt.

Unser kleiner Kämpfer. Er hat doch noch so viel vor in diesem Leben. <3

Comments

  1. Avatar Bea says:

    Ja, bitte, der Himmel MUSS einfach warten! Was für ein Albtraum… Habt ihr es überstanden? Geht es Taxi wieder gut? Und, falls es ein Infekt war, haben die anderen was „abbekommen“? Wir drücken die Daumen, dass alles wieder okay ist oder schnellstens wird!

    Liebe Grüße
    Bea & Maidlis

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