Wenn Albträume wahr werden…

Anders kann man die letzten 10 Tage nicht beschreiben. Alles, wovor ich all die Jahre Angst hatte, wurde plötzlich wahr und innerhalb von Stunden kämpfte einer meiner Hunde um sein Leben und verbrachte Nächte in der Tierklinik.

Alles begann irgendwie ab dem Wochenende 13. – 14.03.2020. Mir fiel auf, dass einer unserer Hunde ziemlich viel trank, denn ständig war der Napf leer und ich musste den Napf öfter füllen als sonst.
Ich schenkte dem erstmal keine Aufmerksamkeit. Durch diese ganze Corona-Sache war das Leben eh etwas seltsam. Irgendwann merkte ich, dass Pika diejenige war, die ständig den Napf leerte. Beim Gassi pinkelte sie dementsprechend häufiger. Sie putzte sich viel. Es dauerte bis zum 20.03., wo ich mit Vanessa mit Pitú unterwegs war und merkte, dass Pika total schlapp wirkte und hechelte als wäre sie einen Marathon gelaufen, bis ich alle Symptome irgendwie zusammen zählte und auf dem Heimweg vom Gassi entschied direkt zu 16 Uhr zum Tierarzt zu fahren. Bereits im Auto leerte sie den ganzen Wassernapf. Kaum Zuhause angekommen, ging es hier weiter. Bei mir läuteten die Alarmglocken plötzlich ganz laut. Aber niemals hätte ich in diesem Moment gedacht, dass die nächste Woche so einen Verlauf nehmen wird.

Gassi mit Vanessa und Pitú

Beim Tierarzt wurde bei Pika dann mit Verdacht auf Gebärmutterentzündung Blut abgenommen und ein Ultraschall gemacht. Das Blutbild zeigte eine leichte Anämie. Der Ultraschall blieb völlig unauffällig. Da sie sonst aber eben recht unauffällig war, entschieden wir ihr nur ein homöopathische Mittel (Traumeel) zu geben und das Wochenende abzuwarten. Zuhause dachte ich, dass sie ggf. Nebenwirkungen auf das Collagile Dog hat.
Das Wochenende blieb entspannt. Wir waren viel im Wald unterwegs und Pika war fast wie immer. Das Trinken, Pinkeln und Müdesein blieb aber irgendwie. Vielleicht scheinschwanger? Wer weiß. Wird schon alles wieder werden, dachte ich.

Gassi im Lieblingswald

Am Montag Abend bekamen die Drei ganz normal zu 18 Uhr ihr Futter. André und ich gingen irgendwann gegen 22 Uhr ins Bett und da begann Pika das erste Mal zu erbrechen. Passiert.
Passierte dann aber leider die ganze Nacht. Wir waren nur mit wischen und sauber machen beschäftigt. Arme Pika.
Also schnappte ich sie mir direkt morgens und fuhr zum Tierarzt. Sie war völlig fertig, behielt zum Schluss nicht mal einen Schluck Wasser in sich, ohne ihn einen Meter weiter wieder auszukotzen.
Bei meiner Tierärztin angekommen, wurde sie direkt an den Tropf gehängt, weil sie schon Anzeichen einer Dehydrierung hatte. Es wurde erneut Blut abgenommen. Das Blutbild ergab eine leichte Erhöhung der CRP-Werte (Entzündungswert). Wir gingen von einer Bauchspeicheldrüsenentzündung aus, schickten die Werte ins Labor und ließen dabei auch auf Zecken- und Mittelmeerkrankheiten testen. Die Ergebnisse würden Donnerstag kommen. Pika verweigerte zu dem Zeitpunkt bereits jegliches Futter und Wasser. Sie bekam dann noch AB gegen die Entzündung, wo auch immer sie saß, Schmerzmittel und ein Mittel gegen die Übelkeit. Zuhause zog sie sich direkt unter den Esstisch zurück, wo sie normal nur liegt, wenn ich am Laptop arbeite. Aber nach so einer Nacht machte ich mir darüber nicht viele Gedanken. Sie sabberte viel, wegen der Übelkeit, war aber sonst ganz okay drauf.

Im Laufe des Nachmittags merkte ich, dass es ihr immer schlechter ging. Nach wie vor wollte sie überhaupt nichts fressen, was für Pika einfach absolut ungewöhnlich ist. Sie ist ja eher der Typ Schnappschildkröte. Als wir abends vor dem TV saßen, fiel mir auf, dass sie am ganzen Körper in kurzen Abständen zitterte. Da wir immer noch von der Bauchspeicheldrüsenentzündung ausgingen, die enorme Schmerzen auslösen kann, murmelten wir sie warm ein. Aber ihr Zustand verschlechterte sich einfach minütlich, sodass ich in der Tierklinik anrief und nachfragte, ob Rimadyl (hatte ich von Taxi noch da) konträr zu ihrer jetzigen Behandlung wäre.
Wir legten uns dann irgendwann ins Bett, Pika war unfassbar viel am Hecheln und sehr unruhig, speichelte immer noch und das Zittern hörte auch nicht auf. Nachdem sie sich irgendwann neben André auf den Boden gelegt hatte aber überhaupt nicht zur Ruhe kam, sagte er zu mir, dass ich bitte in die Tierklinik fahren soll, er hätte gerade ein ganz schlechtes Gefühl bei ihr.
Also schnappte ich mir gegen 23 Uhr Pika und fuhr in die Tierklinik Bärenwiese nach Charlottenburg. Als wir dort ankamen, sabberte sie so enorm, dass der Speichel in richtigen Fäden an ihrem Maul runterlief. Sie wurde sofort an den Tropf gelegt, da ihr Körper wieder leicht dehydriert war und bekam Schmerzmittel. Das erste Mal fiel das Wort Vergiftung.
Plötzlich war er da, der Albtraum. Die Angst, die man als Hundehalter seit Jahren mit sich herum trägt. Dass es irgendwann einen der eigenen Hunde erwischt. Nun saß ich da im Warteraum, Pika völlig regungslos vor mir auf dem Boden mit dem Tropf dran. Sie reagierte zu diesem Zeitpunkt auf überhaupt nichts mehr.
Es wurde erneut ein Blutbild (mit Bauchspeicheldrüsenwerten) gemacht, welches aber neben der leichten Anämie keine Aussage gab.

Sie wurde dann noch geröntgt und wir stellten fest, dass ihr Magen-Darm sehr auffällig aussah. Sie hatte noch leichten Futterbrei in sich und enorm viel Gas. Die Darmwände waren auffällig. Neben der Vergiftung kam ein Fremdkörper als Verdacht in Betracht.
Die Ärztin riet mir, Pika über Nacht stationär in der Klinik aufzunehmen, da ihr Zustand nicht gut war. In diesem Moment wurde mir zusätzlich klar wie ernst die Lage war. Wir besprachen, dass Pika am nächsten Morgen direkt nochmal geröntgt wird, um zu sehen, ob im Magen-Darm etwas passiert. Sollte das Röntgenbild immer noch auffällig sein, würde man einen Ultraschall machen. Mittlerweile jammerte Pika bei jedem Atemzug vor Schmerzen. 🙁
Also fuhr ich ohne meine geliebte Pika, meinen absoluten Seelenhund, zurück nach Hause. Es war mittlerweile 2 Uhr in der Nacht. Auf dem Rückweg verfuhr ich mich auch noch, da die Autobahn gesperrt war und es natürlich keine Umleitungsschilder gab und ich mich überhaupt nicht auskannte und Google Maps die Vollsperrung nicht kannte und mich einfach immer wieder zurück auf die Autobahn schicken wollte. Und das in meinem Zustand. Ich war völlig fertig und so froh, dass meine Mutter und André über Whatsapp die ganze Zeit an meiner Seite waren.

Die Nacht tat ich kein Auge zu. Ich wartete einfach, dass Stunde für Stunde um gingen und ich endlich eine Rückinformation von der Klinik bekam.

Als wäre das mit Pika nicht genug, fing Taxi nach dem Fressen plötzlich an zu taumeln und schwanken. Wir dachten, dass er etwas Kreislauf hätte und ich ging mit ihm und Engine auf die Wiese, wo er zunehmend Probleme hatte sich auf den Beinen zu halten und im Stehen wie besoffen wirkte. Also rief ich André von der Wiese aus an und sagte, dass ich mit Taxi zum Tierarzt fahren muss. Ich rief beim Tierarzt angekommen, das erste Mal bei der Tierklinik an und erfuhr, dass Pika gerade im Ultraschall lag. Damit wusste ich, dass das Kontrollröntgen nicht gut war.
Beim Tierarzt ging es Taxi etwas besser, aber er wirkte immer noch benebelt und neben sich. Wir nahmen auch bei ihm Blut ab, ebenfalls leicht erhöhte CRP-Werte. Der Tierarzt geht von einem leichten Vestibularsyndrom aus. Während ich also mit Taxi beim Tierarzt saß, rief mich die Tierklinik zurück. Die Ärztin sagte, dass Pika immer noch nichts fressen würde, immer noch speicheln würde und auch nachts wieder erbrochen habe. Sie könnte einen Fremdkörper nach wie vor nicht ausschließen, habe aber im Röntgen und Ultraschall keinen Hinweis finden können und würde ungern ohne direkten Verdacht operieren.
Sie empfahl mir Pika eine weitere Nacht in der Klinik zu lassen, aber ich könne vorbei kommen und mit ihr eine Runde Gassi gehen. Ich solle Rücksprache mit meinem Tierarzt halten und mich dann entscheiden. Der Tierarzt und ich entschieden, Pika in der Tierklinik zu lassen. Taxi wurde dann behandelt und wir fuhren wieder nach Hause.

Zusammen mit Patrick fuhr ich in die Klinik und Pika wurde uns nach draußen gebracht. Ich hatte in dem Moment damit gerechnet, dass es ihr schlechter gehen würde. Wir gingen ein wenig Gassi und holten im Lidl eine Packung Wiener Würstchen. Ich dachte, wenn sie die nicht frisst, dann ist wirklich etwas im Argen. Und was war? Sie fraß eine halbe Wiener wie eh und je – Schnappschildkröte.
Da hatte ich noch die Hoffnung, dass jetzt alles gut werden würde und wir es überstanden hätten. Wir gingen zurück zur Tierklinik (leider ohne, dass Pika etwas abgesetzt hätte) und ich sprach lange mit der Ärztin. Wir entschieden, dass ich Pika mit nach Hause nehme und notfalls wieder komme, wenn es ihr wieder schlechter geht.
Also ging es gemeinsam wieder zurück nach Hause und ich war so unfassbar glücklich.

Zuhause lief ich mit ihr und Engine eine kleine Runde, wo sie wenigstens nach einigen Überlegungen Pipi machte, aber dann direkt wieder zurück zum Auto wollte… und auch wieder nichts mehr zu Fressen annahm. Da zweifelte ich schon an meiner Entscheidung. Zuhause schlief sie wieder unter dem Esstisch und es war eigentlich wie am Tag zuvor.

Ich hatte während der Rückfahrt von Aleks schon den Hinweis auf Morbus Addison bekommen, einer Unterfunktion der Nebenniere und da im Ultraschall die Nebenniere das einzig wirklich auffällige neben den Darmwänden war, dachte ich, dass das ja wirklich gut passen könnte. Recht gleichzeitig schrieb mich eine Freundin an, die bei einem Tierarzt in Oranienburg arbeitet und fragt nach Pika. Wir kamen ins Gespräch und ich fragte, ob sie den ACTH-Test für Morbus Addison machen könnten. Sie hatten noch ein Mal diesen Test da, also schnappte ich mir Pika wieder und fuhr mit ihr nach Oranienburg, um sie auf Morbus Addison kontrollieren zu lassen. Sie bekam nach der Testabnahme (Ergebnis würde ich am nächsten Morgen bekommen) etwas Cortison gespritzt und fraß einige Zeit danach ein kleines Stück Wiener und trank wenigstens. Aber ansonsten war sie weit weg von der Pika, die wir kennen.

Die Nacht verlief weitestgehend ruhig. Aber meine Alarmglocken wollten nicht aufhören zu läuten. Ich fuhr dann zur Öffnungszeit wieder zu meiner Tierärztin, Taxi verweigerte übrigens mittlerweile auch das Fressen.
Meine TÄ schaute sich Pika an und machte sich wirklich große Sorge. Pika war wieder dehydriert. Sie müsste wieder an den Tropf und dann ein Kontrollröntgen machen. Aufgrund ihres schlechten Zustandes bat sie mich direkt in die Tierklinik zu fahren. Sie habe überhaupt kein gutes Gefühl und würde Pikachu wohl jetzt doch lieber mit Verdacht auf Fremdkörper operieren (sie fraß ja weiter nichts und setzte auch weder Urin noch Kot ab).

Also fuhr ich dieses Mal zu den Kleintierspezialisten und stellte Pika dort vor. Bereits dort angekommen war sie wieder kaum ansprechbar. Sie wurde dort von der Chefärztin geschallt, die absolut keinen einzigen Hinweis auf einen Fremdkörper finden konnte. Aber auch ihr fielen die seltsamen Darmwände auf. Wieder kam das Wort Vergiftung ins Gespräch.

Sie sagte mir, dass Pika zwingend stationär bleiben muss, da ihr Zustand kritisch sei. Über mir brach eine Welt zusammen. Wieder eine Nacht ohne meine geliebte Seelenmaus.

Es waren einfach die schlimmsten Tage in meinem Leben. Ich hatte solche Angst und kam aus dem Weinen nicht mehr raus. Ich hatte solche Sorge, dass ich meinen geliebten Traumhund nicht mehr mit nach Hause nehmen würde. Ich konnte es kaum glauben, da hatte sie in ihren 9 Lebensjahren nie einen Tierarzt neben Routineuntersuchungen gesehen und jetzt verbrachte sie so viele Nächte in der Tierklinik. 🙁

So verabschiedete ich mich Donnerstag Mittag von ihr. Bis Samstag früh verweigerte sie immer noch jegliches Fressen und musste durchgängig an der Infusion liegen. Ich durfte sie nicht besuchen fahren, um sie nicht zu verwirren und Gassi sollte ich auch nicht. Das weitere Problem war, dass sie immer noch keinen Kot absetzte aber die Ärzte weiterhin nicht ohne Verdacht operieren wollten. Sie tippten mittlerweile auf eine ziemlich heftige Magen-Darm-Entzündung.
Samstag bekam ich dann mittags den Anruf aus der Tierklinik. Pika hätte das erste Mal ein wenig was gefressen, aber hinten kam immer noch nichts raus. Es ginge ihr aber ein klein wenig besser. Sie müsse aber weiterhin in der Klinik bleiben.

Das Reiseprofil, der Morbus Addison Test und die Bauchspeicheldrüsenwerte kamen Donnerstag früh auch an und waren alle negativ.

Die Zeit bis Sonntag ging so unendlich langsam voran. Ich hatte seit Donnerstag kaum geschlafen, kaum gegessen. Die Sorge um Pika brachte mich fast um, zudem dann noch die Sorgen um Taxi, der das Fressen auch teilweise eingestellt hatte.

Ich wollte einfach, dass der Albtraum ein Ende hat. Gott sei Dank hatte er es am Sonntag dann, als mich die Tierklinik anrief und sagte, dass wir Pika abholen dürfen. Sie hätte das erste Mal wieder beides gemacht und würde auch fressen.

André, Liam und ich düsten sofort los und holten unsere geliebte Maus aus der Tierklinik ab. Sie ist immer noch nicht die alte, aber sie lebt, sie frisst und sie kann wieder beides machen.

Wir können nach wie vor nicht sagen, was sie genau hat. Die Tierklinik hat als Diagnose Gastroenteritis aufgeschrieben. Aber woher. Wieso. Keine Ahnung. Das ist enorm verunsichernd.

Heute war der Kontrolltermin bei meiner Tierärztin. Soweit ist sie zufrieden. Am Freitag machen wir einen erneuten Bluttest und in einigen Wochen ein Kontrollröntgen, um zu sehen, ob die Darmwände wieder in Ordnung sind und dann ist dieser Horror hoffentlich endgültig vorbei.

Ich bin so dankbar wie viele Leute mit uns gebangt und mitgefiebert haben und Pika die Daumen gedrückt haben und noch viel dankbarer bin ich jenen, die bei Patricks Spendenaktion mitgemacht haben und somit fast die Hälfte der Tierarztkosten gespendet wurde. Ich kann euch gar nicht genug danken. Danke, danke, danke!

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